Bewusstsein

Zu mir kommt ein Mann in die Pflichtberatung, welcher zivilrechtlich vom Familiengericht die Weisung erhalten hat, die massiven Probleme, welche auch gegenseitige Tätlichkeiten beinhalten, in der Gewaltberatung zu bearbeiten. Zu Beginn in unseren Gesprächen frage ich jeweils was er mitbringt und wie es ihm geht. Meistens höre ich dann von ihm, dass alles bestens läuft und sie es in der Beziehung entspannt haben. Beim genaueren Nachfragen, stellte sich dann aber jeweils heraus, dass sie nach wie vor schnell in Eskalationen geraten mit gegenseitigen Vorwürfen. Es zeigte sich auch, dass sie untereinander eine ziemlich grobe Kommunikation kultiviert haben und wenig wirklichen Kontakt miteinander haben. Sehr schnell fährt er auf der Eskalationsschiene und merkt dies nicht oder erst dann, wenn es zu spät und das Schlamassel perfekt ist. Bevor wir aber über Verantwortungsübernahme sprechen ist es bei diesem Mann wichtig, dass er frühzeitig spürt, wann es in der Beziehung Richtung Eskalation geht. Hier ist unser Körper ein wertvoller Indikator, denn er signalisiert uns, wann die Warnlämpchen anfangen zu blinken. So arbeiten wir an der Körperwahrnehmung, damit er frühzeitig die Warnsignale wahrnimmt. Wie und wo nimmt er dies wahr in seinem Körper und was unterstützt ihn in der konkreten Situation, dass er diese Warnsignale auch ernst nimmt? Dies braucht Übung und wir schauen da immer wieder hin in der Beratung, weil die alten Strategiemuster oft tiefer sitzen, als wir denken.  Es geht bei diesem Mann viel um Bewusstheit, weil er oft nicht merkt, wie schnell er jeweils Öl ins Feuer giesst, sich und seine Gefühle nicht wahrnimmt. Der nächste Schritt ist dann das Bewusstmachen über seine Gefühle, bzw. dass Gedanken (Bewertungen) keine Gefühle sind und der Unterschied zwischen Gefühlen und Emotionen. Der Mann ist immer wieder dankbar über das Beratungssetting, weil er jeweils schnell wieder ins alte Fahrwasser gerät und aus der Distanz mit meiner Unterstützung das eigene Verhalten reflektieren kann. Mit dem Ziel, dass er in die Verantwortung kommt und sein Handeln nicht abhängig macht von seiner Partnerin.

Berater, Juni 2022




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